Trauer ja - aber keine Resignation

Es ist schwierig mit zu kalkulieren, ob die Resolution eine Mehrheit der Stimmen erhält oder nicht. Alle sind erschöpft, denn es ist die 10 und letzte Resolution dieser MEP Session und es geht um das eigentliche Hauptthema der Woche,  nämlich die Jugendpolitik. Soll das Wahlalter europaweit auf 16 Jahre abgesenkt werden, so wie es in Österreich bereits der Fall ist? Soll es eine „Schattenwahl“ für 12-16 Jährige geben?   Alles wichtige Vorschläge, um die Beteiligung junger Menschen am politischen Leben zu erleichtern. Und dann wird das Abstimmungsergebnis bekannt gegeben 61 mit  ja, 63 mit nein – abgelehnt – tiefe Enttäuschung bei den Delegierten des  Ausschusses für Kultur und Bildung. Aber da geht im portugiesischen Block eine Rote Karte in die Luft. „Wir haben aus Versehen ein falsches Ergebnis übermittelt und eine ja-Stimme als nein-Stimme gezählt“.  Damit steht das Abstimmungsergebnis bei 62 zu 62: Unentschieden? Was bedeutet das? Die drei Präsidenten sehen sich ratlos an. Gibt es dazu einen Passus in den Statuten? Sie rufen Gottfried Oehl, den MEP Europe  Chefkoordinator nach vorne, der bestimmt: „Bei gleicher Anzahl von Ja- und Nein-Stimmen zählt die Resolution als Angenommen.“ Großer Jubel bricht aus. Alle hatten einen tiefen emotionalen Tag hinter sich und sind froh über diesen demokratischen Coup.  Und so wurden am 2. Tag 3 Resolutionen von der Mehrheit der MEP Delegierten angenommen und nur 2 abgelehnt, während das Ergebnis am 1 Tag 1:4 lautete.

Dieses abschließende versöhnliche Ergebnis ist wichtig für die gesamte Stimmung im Abgeordnetenhaus. Denn der Tag hatte mit tiefer Trauer und Erschütterung  begonnen. In der Nacht waren bei Attentaten in Paris  129 Menschen ums Leben gekommen und die  fünf Mädchen aus der Französischen Delegation wollten vor Beginn der Sitzung einige Wort an die versammelten Jugendlichen richten. Anschließend dann die Marseillaise, Schweigeminute und  Ratlosigkeit.  Wie soll es weitergehen? Der Übergang zum „business as usual“ fällt allen sichtlich schwer.  Und so wird entschieden, dass einige der Ausschussvorsitzenden gemeinsam mit der französischen Delegation eine Erklärung zu den Attentaten und der Rolle, die Europa nun zu übernehmen hat, verfassen. Dieses wurde dann man Ende der Sitzung von der Ungarischen Präsidentin verlesen. Die Ereignisse des Tages hatten bei allen Delegierten  ihre Spuren hinterlassen, und die Diskussionen konnten nicht so scharf und konfrontativ gefühlt werden wie am Vortag. Das spiegelte sich dann ja auch in den Abstimmungsergebnissen wider.  (die Erklärung siehe unten)

Wie die Präsidenten, die Delegierten, die Ausschussvorsitzenden und die unmittelbar betroffenen französischen Delegierten mit dieser äußerst schwierigen Situation an diesem Tag umgegangen sind, wie überlegt und sicher sie sich auf diesem unsicheren Terrain bewegt und Schritt für Schritt vorgetastet haben, das war schon sehr souverän und spricht für die tiefe Reife des MEP Europe und seiner Teilnehmer. Herzlichen Dank dafür. Das MEP Europe in Berlin wird allen noch lange in Erinnerung bleiben.